Reiseberichte Ecuador



Nördlich vom Äquator

27.04. – 04.05.2013

Ein interessanter Friedhof, Diesel zum Schnäppchenpreis, Plüschblumen, baden in heißen Thermalquellen und die erste Äquatorüberquerung.

Nach den unzähligen, zum Teil doch sehr nervigen Grenzübergängen in Mittelamerika, sind wir von der Effizienz an der Grenze von Kolumbien nach Ecuador doch überrascht. Es wird tatsächlich mit Computern gearbeitet, der Einreisestempel nach Ecuador wird nicht gestempelt, sondern in den Reisepass gedruckt, keiner will beim Zoll unser Auto sehen und nach einer umkomplizierten Stunde sind wir im Land am Äquator.

 

Bevor wir weiterfahren, statten wir dem Friedhof in der Grenzstadt Tulcán einen kleinen Besuch ab. Friedhof? Ja genau. Der Friedhof in Tulcán ist nämlich bekannt für seine fantasievollen Heckenskulpturen. Und es macht wirklich Spaß hinter jeder Ecke neue zu entdecken.

 

Unser zweiter Stopp ist eine Tankstelle. Und Lukas bekommt das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht. Bei 1,02 $ für die Gallone Diesel (also gerade mal 0,20 €) auch kein Wunder, oder?

 

Über die Panamericana schlängeln wir uns durch grüne Berge, bis wir das Valle de Chota erreichen. Ein Tal, das geprägt ist von Zuckerrohrplantagen und den Nachfahren schwarzer Sklaven. Eigentlich wollen wir hier übernachten. Aber das ist doch schwerer als gedacht. Es gibt hier zwar jede Menge Hotels, Ferienanlagen und Freihbäder, aber unser erster Anlaufpunkt ist geschlossen, die anderen wollen keine Camper oder verlangen Wucherpreise.

 

Also fahren wir einem Tipp von Sina, Michael, Rita und Beat, die wir in Cartagena getroffen haben, folgend weiter bis nach Ibarra. Denn hier lebt der 2004 ausgewanderte Australier Graham. Wir sind uns nicht ganz sicher, was uns erwartet, als wir uns über katastrophales Kopfsteinpflaster seiner Baumschule nähern.

 

Die Baumschule liegt am Fuße eines mächtigen Vulkans mit einem weiten Blick über die Stadt Ibarra. Graham ist nicht da, als wir ankommen, aber einer seiner Mitarbeiter schließt uns bereitwillig einen Aufenthaltsraum mit Küche und Badezimmer auf und meint, sein Chef würde gleich kommen.

 

Kurze Zeit später kommt Graham mit seinem Pickup angeflogen. Ein kauziger, aber herzensguter Mensch, der uns am Abend gleich noch zum Essen einladen möchte. Gut, am Ende stehe ich bei ihm in der Küche und koche Spagetti Bolognese, während er draußen mit Lukas am Lagerfeuer ein Bier trinkt, aber der gute Wille war da.

 

Wir bleiben gleich sechs Tage hier, erkunden die Stadt Ibarra, wärmen uns in den heißen Quellen von Chachimbiro und machen einen Ausflug ins Reserva Ecologica El Angel, das schon fast wieder in Kolumbien liegt. Hier stellen wir mit 4.100 Metern unseren neuen Höhenrekord auf. Unser Toyo hat ganz schön gequalmt, sich aber tapfer immer höher gekämpft. Es war zwar kalt und bewölkt, aber trotzdem wunderschön. Die Landschaft ist einfach faszinierend und einzigartig. Und die Plüschblumen sind so schön und kuschelig! Aber hier die Fakten:

 

Die Paramo Vegetation befindet sich in den tropischen Hochlandzonen Amerikas, also zwischen 3.500 und 4.700 Metern. Wegen den starken Winden, häufigen Schnee- und Hagelstürmen, tiefen Temperaturen und der starken UV-Strahlung, sind die typischen Paramo Pflanzen häufig mit Härchen bedeckt. Ein besonderer Vertreter, der eigentlich nur hier in Ecuador anzutreffen ist, ist die „frailejones“ oder auch Riesenmönche genannt. Und die Pflanzen sind wirklich so kuschelig weich wie ein Stofftier!

 

Und dann ist es soweit. Wie überqueren auf dem Weg nach Quito das erste Mal den Äquator. Völlig unspektakulär, denn auf der Panamericana gibt es kein Schild, kein Denkmal, kein garnichts. Wirklich Lust, uns die Hauptstadt anzugucken, haben wir nicht. Also begnügen wir uns mit einem Blick von oben aus der Gondel zum Hausberg Pichincha. Als wir im Tal einsteigen, ist auch noch gute Sicht. Aber als wir oben ankommen, empfängt uns Hagel und Gewitter, so dass wir uns nicht lange hier aufhalten.

 

Eigentlich sind wir ja auch nur in Quito, weil übermorgen in aller Herrgottsfrühe unser Flug zu den Galapagos Inseln geht. Jippiiiii!!!!


Islas Galápagos

04. – 12.05.2013

Auf den Spuren von Charls Darwin bei urigen Riesenschildkröten und tanzenden Blaufußtölpeln, drachenähnlichen Meeresechsen und tolpatschigen Albatrossen, grußeligen Haien und putzigen Seelöwen.

Wir haben gerade das Ende der Regenzeit und so ist auch das Wetter in Quito. Morgens blauer Himmel, mittags ein paar Wolken und am Nachmittag fängt der Regen an. Wie gut, dass wir schon morgens unsere Taschen gepackt haben. Aber die letzte Nacht im Toyo müssen wir wohl bei geschlossenem Hubdach verbringen. Schliesslich können wir nicht verantworten, die Zeltplane eine Woche lang nass zu verpacken.

 

Sonntags morgens ist es dann endlich so weit. Um 3:30 Uhr klingelt der Wecker. Völlig schlaftrunken machen wir uns fertig, als schon der Taxifahrer klingelt. Noch vor zwei Monaten wäre der Weg zum Flughafen ein Katzensprung gewesen. Aber jetzt gibt es einen neuen Flughafen ausserhalb der Stadt und so sind wir eine dreiviertel Stunde unterwegs. Warum wir schon so früh hier sein sollten, weiss keiner, denn der Schalter für die Gemeidegebühr für Galapagos, die jeder vor Check-In entrichten muss, macht erst um 5:30 Uhr auf. Knapp eine Stunde bevor unser Flieger geht.

 

Nach einem unspektakulären Flug und einem Zwischenstopp in Guayaquil landen wir schliesslich 1.000 Kilometer vor der ecuadorianischen Küste auf der Insel Baltra im Archipiélago de Colón, besser bekannt als die Islas Galápagos. Und unser Traumurlaub beginnt!

 

Am Flughafen werden wir von unserem Guide Diego in Empfang genommen und zu unserer Unterkunft für die nächsten acht Nächte gebracht – dem Segelkatamaran NEMO II. Keine Schlafplatzsuche, dafür eine kleine Kabine mit eigenem Bad. Nicht selber kochen, dafür mindestens vier Mal am Tag köstliches Essen vorgesetzt bekommen. Nichts planen, sondern einfach nur auf die Glocke und unseren Guide hören.

 

Das heißt aber nicht, dass wir nur gefaulenzt haben. Ganz im Gegenteil. Jeden Morgen püntklich um 7:00 Uhr Frühstück und danach der erste Landgang. Nach einem kleinen Snack geht es schnorcheln, danach Mittagessen, noch ein Landgang und eventuell auch noch mal schnorcheln. Um 18:15 Uhr Lagebesprechung für den nächsten Tag und nach dem Abendessen totmüde ins Bett fallen.

 

Soviel zu den Rahmenbedingungen, denn das eigentliche Highlight sind ja die Inseln und vor allem die Tierwelt selber. Die Inselgruppe besteht aus 13 Inseln und über 100 kleineren bis winzigen Inselchen. Entstanden sind die Inseln durch eine extrem heisse Magmakammer im Erdmantel, ein sogenannter Hotspot, der sich quasi durch die Erdkruste schmilzt und als Vulkane an die Oberfläche wächst. Da sich die Nasca Platte, auf der sich die Galapagosinseln befinden, mit fast zehn Zentimeter pro Jahr auf Südamerika zubewegt, wandern auch die Inseln über den Hotspot hinweg. Die westlichsten Inseln sind die jüngsten und die Vulkane sind noch aktiv. Die Östlichsten sind schon deutlich älter und noch weiter im Osten sind bereits Inseln wieder im Meer versunken.

 

Auf unserer kleinen Kreuzfahrt haben wir „nur“ die Inseln im Süd-Osten besucht. Weisse Korallenstrände, schwarze Lavafelsen, grüne Mangroven, grosse Kakteen, türkiesblaues Meer, erstarrte Lavatunnel und erloschene Vulkankrater verzaubern das Auge.

 

Und dann erst die Tierwelt! Aufgrund ihrer Entfernung von anderen Landmassen gibt es auf den Galapagosinseln eine Vielzahl endemischer Tierarten. Der bekannteste Vertreter ist wohl die Riesenschildkröte, der wir auf der Isla Santa Cruz begegnen. Da einige der Riesenschildkröten auf ihren Inseln vom Aussterben bedroht sind, gibt es hier auch die Charls Darwin Forschungs- und Aufzuchtstation mit jeder Menge kleiner Riesenschildkröten, streng getrennt nach Herkunftsinsel.

 

An fast allen Stränden tummeln sich Seelöwen, so dass man manchmal nicht weiss, wo man überhaupt hintreten soll. In den schwarzen Lavafelsen am Meer wuselt es von roten Klippenkrabben. Meerechsen wärmen sich in der Sonne und sehen so witzig aus, wenn sie immer wieder prusten. Genau genommen pusten sie das mit der Nahrung aufgenommene überschüssige Salz über Drüsen an den Nasenlöchern aus.

 

Wir stolpern fast über Landleguane, bewundern Flamingos und staunen über die diebischen Fregattvögel, die, weil sie selber nicht besonders gut schwimmen können, andern Seevögeln in spektakulären Flugmanövern ihre Breute klauen.

 

Ganz hin und weg bin ich, als wir meinen absoluten Liebling, den Blaufußtölpel mit seinen schönen babyblauen Füssen beim Paarungstanz beobachten können. Erst zeigt sich das Weibchen wenig beeindruckt, während das Männchen seine hübschen Füsse präsentiert und immer wieder pfeifend Flügel und Schnabel in die Luft streckt. Aber irgendwann stimmt das Weibchen in den Tanz mit ein. Und dann, ja, dann geht alles doch ganz schnell...

 

Auch wenn jede Insel besonders und besonders schön ist, hat uns die Isla Española am meisten beeindruckt. Über einen kleinen Anleger betreten wir zwischen schwarzem Lavagestein die Insel. An Meerechsen und faulen Seelöwen vorbei, geht es weiter zwischen Sträucher, Gras und Felsblöcken bis sich plötzlich der Himmel über uns verdunkelt. Der Star der Insel, ein Albatros mit einer Flügelspannweite von bis zu 2,40 Meter fliegt über uns hinweg. Und dann sehen wir sie überall im Gras und Buschwerk sitzen. Denn gerade ist Brutsaison und nur dafür kommen die Albatrosse ausschliesslich auf diese Insel. So wunderschön sehen sie aus, wenn sie uns mit ihren lieben schwarzen Augen anschauen.

 

Nach einem Kilometer oder so erreichen wir eine steile Klippe, die ins tiefblaue Meer abfällt. Albatrosse sind nämlich nicht besonders elegant, wenn es darum geht, zu starten und zu landen. Stattdessen stürzen sie sich die Klippe hinunter und beim Landen, naja, dabei landen sie meistens auf der Nase oder besser gesagt dem Schnabel.

 

An der Küste entlang zurück zum Anleger passieren wir eine riesige Kolonie Nasca Tölpel. Sie gelten als die schlechtesten Nachbarn unter den Seevögeln und so müssen die lieben Blaufußtölpel mit Nistplätzen in der zweiten Reihe vorlieb nehmen. Und wir sind immer wieder erstaunt, dass die Tiere fast keine Scheu vor dem Menschen haben. Da wird sich kein Stückchen zur Seite bewegt, sondern nur gemeckert, wenn wir vorbei wollen.

 

Aber die Unterwasserwelt ist nicht weniger vielfältig und schon fast übertrieben verschwenderisch. Als wir am Kickers Rock (er sieht wirklich aus wie ein Fussballschuh) vor der Isla San Cristóbal ins Wasser springen, haben wir das Gefühl in ein riesiges Aquarium geraten zu sein. Wir schnorcheln zwischen hunderten von kleineren und grösseren Fischen, ein Schwarm von Adlerrochen ziehen majestätisch an uns vorbei und tief unten sehen wir die Umrrisse von an die zwanzig Schwarzspitzen- und Galapagoshaien. Und wenn nicht alles täuscht, ist auch noch ein Hammerhai darunter.

 

An anderen Tagen gibt es Meeresschildkröten, die friedlich unter uns Algen grasen, junge Seelöwen, die sich im Wasser tummeln und einen Beinahe-Zusammenstoß mit einem kleinen Galapagos Pinguin.

 

Viel zu schnell gehen die acht Tage vorbei. Nach einem kurzen Ausflug in die Mangroven gesäumte Black Turtle Cove, wo riesige Schulen von Kuhnasengoldrochen (ja, die heissen wirklich so) an uns vorbeischwimmen, sitzen wir am Sonntag morgen auch schon wieder im Flieger zurück nach Quito.

 

Etwas versteckt unter dem gefallenen Laub, wartet unser Toyo brav im Hof vom Hostal Zentrum auf uns.


Straße der Vulkane I

13. – 22.05.2013

Ein wunderschöner Kratersee, im Gewusel zwischen Schweinen, Rindern und Meerschweinchen, mehr als eine Äquatorüberquerung und Cotopaxi - Die Erste.

Von Quito aus fahren wir auf direktem Weg nach Otavalo, zurück auf die Nordhalbkugel. Bekannt ist der Ort für seinen Samstagsmarkt, denn die Otavaleños sind begnadete Weber. Nachdem erst die Inka sie versklavten und von ihnen Textilien als Tribut forderten und dann die Spanier sich ihre Handarbeitskunst zu nutze machten, zählen die Otavaleños heute zu den reichsten Indígenas Lateinamerikas.

 

Aber jetzt haben wir ja erst einmal Montag. Wir zwei Supernasen sind wahrscheinlich die Einzigen, die bereits Montagmittag für den Samstagsmarkt anreisen. Aber schließlich gibt es hier ja auch so genug zu tun. Wir quatieren uns auf dem Campingplatz am Ortsrand ein und müssen nach unserem Urlaub auf den Galapagosinseln erst mal die Vorratsschänke auffüllen, Wäsche waschen, Fotos sichern und unseren pflegebedürftigen Kocher mal wieder reinigen.

 

Über Otavalo hinweg können wir, wenn die Wolken es zulassen, den Vulkan Imbabura erkennen. Wir befinden uns an der „Straße der Vulkane“, wie Alexander von Humbolt bereits die Strecke der heutigen Panamericana von Tulcán, an der Grenze zu Kolumbien, bis nach Cuenca genannt hat. Über zwanzig Vulkane, davon viele über 5.000 Meter hoch, reihen sich hier wie Perlen auf der Schnur aneinander.

 

Folgt man der Straße hinterm Campingplatz erreicht man kurze Zeit später die Laguna Mojanda am Fuße des 4.263 Meter hohen Vulkan Fuya Fuya. Fast 600 Höhenmeter sind es bis zum Gipfel und der ist unser Ziel. Die Luft ist dünn, aber am meisten zu schaffen macht uns das Wetter. Nachdem wir die Hälfte des Weges geschafft haben, zieht es sich immer weiter zu. Bald sind weder die Lagune unter uns, noch der Berggipfel über uns im dichten Nebel zu erkennen. Auch der Regen wird immer stärker und der steile Weg immer glitschiger. Wir kämpfen uns noch ein Stückchen weiter, geben dann aber total durchnässt auf.

 

Dafür sind wir bei der Laguna Cuicocha wesentlich erfolgreicher. Drei Kilometer im Durchmesser mißt die Caldera in der sich ein Kratersee mit zwei bewaldeten Inseln befindet. Als wir auf unsere 14 Kilometer lange Wanderung auf dem Kamm des Kraters starten, wohl gemerkt wieder auf 3.000 bis 3.400 Metern, sind wir in dichten Nebel gehüllt. Aber nachdem wir uns mühsam immer wieder bergauf und bergab gekämpft haben, öffnet sich plötzlich der Nebel. Erst nur für wenige Sekunden, aber am Ende haben wir doch noch eine traumhafte Sicht auf den See.

 

Nachdem unsere Beine nach der ganzen Lauferei doch ganz schön schwer sind, lassen wir am nächsten Tag unseren Toyo klettern. Erst geht es zum Örtchen Cayambe und von da aus stetig bergauf zum gleichnamigen Vulkan. Irgendwann wechselt die asphaltierte Straße zu mehr als holprigen Kopfsteinpflaster und schließlich zu Lehm und Geröll. Wir lassen die letzten Bauernhöfe hinter uns und befinden uns inmitten einer eintönigen aber wundervollen Graslandschaft. Zwei mal überqueren wir den Äquator, bevor die Straße immer schmaler, die Serpentinen immer enger, immer steiler und immer rutschiger werden. Als sich die Straße dann auch noch gefährlich Richtung Abhang neigt, ist für mich Schluß.

 

Allerdings müssen wir uns noch um zwei weitere Kurven zwängen, bevor wir genug Platz haben zu wenden. Wir erreichen zwar das Refugium nicht, aber mit 4.450 Metern stellen wir trotzdem einen neuen Höhenrekord auf. Und ein Abenteuer war die Fahrt allemal.

 

Heute ist endlich Markttag. Wir sind schon um kurz nach 6:00 Uhr auf den Beinen. Zwischen den Einheimischen, die Kälber und Schweine, Rinder und Schafe hinter sich her zerren, oder Hühner und Meerschweinchen in vollen Säcken mit sich rumschleppen, laufen wir zum Tiermarkt. Überall quiekt und grunzt und meckert und bellt und zwitschert es. Es ist ein Gewusel und Gewimmel und immer muss man sich vor einem Kuhfladen oder einem Huf in acht nehmen. Es gibt süße Kälber und borstige Schweine, in großen Kisten werden zappelnde Kücken angeboten und die Hühner liegen achtlos an den Krallen zusammengebunden am Boden. Ach ja, und die so putzigen Meerschweinchen gelten hier als Festtagsschmaus und nicht etwa als niedliches Haustier.

 

Irgendwann lassen wir uns mit den anderen Marktbesuchern in die Innenstadt treiben, wo zwischen Obst, Gemüse und geschlachteten Tieren, auch allerlei Haushaltssachen angeboten werden. Und natürlich gibt es hier auch den Handarbeitsmarkt mit bunten Tüchern aus Alpakawolle, Ponchos, Mützen, Taschen und jeder Menge Souveniers.

 

Aber vor allem die Einheimischen sind wunderschön anzugucken. Die Frauen tragen dunkelblaue Röcke, weiße Blusen mit Blumenstickereien, Ketten aus goldfarbenen Perlen und Armbänder aus roten Korallen. Dazu kommen Filzhütte mit Pfauenfedern und bunt bestickte Bänder um die Taille.

 

Sonntags verlassen wir schließlich Otavalo und fahren zum Nationalpark Cotopaxi. Nach sechs Äquatorüberquerungen kommen wir zum ersten Mal an einem offiziellen Monument, der Sonnenuhr Quitsa To, vorbei. Als wir am Campingplatz unterhalb des Vulkan Cotopaxi ankommen, ist dieser leider etwas schüchtern und versteckt sich hinter Wolken. Wir sind auf 3.800 Metern und ich merke schon auf dem Weg zum wenige Meter entfernten Toilettenhäuschen wie dünn die Luft ist.

 

Als wir am nächsten Morgen aus dem Fenster schauen, sind wir komplett in Nebel gehüllt. Also drehen wir uns kurzerhand noch mal um und schlafen noch zwei Stunden bis der Nebel sich ein wenig gelichtet hat. Aber vom Vulkan ist immer noch nicht viel zu sehen. Trotzdem machen wir eine kleine Spazierfahrt über die unzähligen weder in der Karte noch im Navi aufgeführten Straßen im Park und genießen die karge Landschaft.

 

Am nächsten Tag ist es dann noch schlimmer. Der Nebel wechselt von undurchdringlich zu etwas lichter und zurück. Weiter als bis zum Toilettenhäuschen können wir den ganzen Tag nicht blicken. Die Feuchtigkeit wechselt von feinem Niesel zu dicken Tropfen. Wir sind wie in weiße Watte gehüllt und außer dem Wind dringt kein Geräusch an unser Ohr. Dafür kriecht uns die Feuchtigkeit in die Knochen und egal wieviel wir anziehen, nichts hilft mehr gegen die Kälte. Es wir Abend, es wird Nacht und wir erkennen kaum, dass die Sonne wieder aufgeht.

 

Und so kehren wir dem eingehüllten Cotopaxi fürs Erste den Rücken zu.


Rund um Quito

22. – 25.05.2013

Aufwärmen in heißen Quellen, noch eine Äquatorüberquerung, überzeugender Beweis der Corioliskraft und jede Menge bunter Falter.

Total durchgefroren, nach drei in dichten Nebel gehüllten Nächten auf 3.800 Metern, fahren wir nach Papallacta. Der Ort ist berühmt für seine heißen Quellen und das ist jetzt genau das Richtige für uns. Erst als unsere Haut total schrumpelig und uns endlich wieder durch und durch warm ist, steigen wir wieder aus dem heißen Wasser heraus und fallen erschöpft ins Bett. Zum Glück dürfen wir direkt vor den Termes Jamanco übernachten.

 

Von Papallacta aus fahren wir am bekanntesten Äquatordenkmal, bei dem sich die Franzosen um über 200 Meter vermessen haben, vorbei zum Museo del Sitio Inti Ñan. Es mag sein, dass das Museum mehr Spielerei als sonst etwas ist, und dass der sogenannte „Beweis der Corioliskraft“ in Wirklichkeit kein Beweis ist. Aber es macht trotzdem Spaß. Und so lassen wir ein Ei auf dem Kopf eines Nagels genau auf der Äquatorlinie balancieren und der Wasserstrudel im Waschbecken läuft auf der Äquatorlinie strudellos ab, während er sich einen Meter weiter auf der Nordhalbkugel im Uhrzeigersinn und auf der Südhalbkugel im Gegenuhrzeigersinn dreht.

 

Dass die Corioliskraft eine Trägheitskraft ist, die in allen rotierenden Systemen wirksam ist, steht außer Frage. Auch hat sie beträchtliche Auswirkungen auf Luft- und Meeresströmungen. Sie sorgt zum Beispiel dafür, daß auf der Nordhalbkugel die Winde aller Hochdruckgebiete im Uhrzeigersinn umwehen und alle Tiefdruckgebiete gegen den Uhrzeigersinn - auf der Südhalbkugel ist es dann genau umgekehrt. Um die Corioliskraft aber beim Wasserabfluß eines Waschbeckens zu bemerken, müßte man nach Berechnungen des Mathematikers Michael Page von der australischen Monash University dieses um den Faktor 500 vergrößern und das Wasser einige Tage zur Ruhe kommen lassen. Sonst sind es wohl mehr zufällige Bewegungen, die die Abflußrichtung beeinflussen. Oder wie in unserem Fall ein richtig guter Taschenspielertrick.

 

Abgesehen von den Geheimnissen um die imaginäre Linie, die unsere Erde umspannt, lernen wir auch etwas über die indigenen Völker in Ecuador. Vor allem über die Shuar, die dem gruseligen Brauch nachgingen, aus den Köpfen ihrer Feinde Schrumpfköpfe herzustellen. Wie gut, dass sie diese Tsantsas heute nur noch aus Faultierköpfen herstellen. Wollen wir doch ihr Gebiet auch noch bereisen...

 

Nach einem Zwischenstopp am Vulkan Pululahua, dessen fruchbarer Kraterboden landwirtschaftlich genutzt wird, landen wir in Mindo. Genauer gesagt im gemütlichen Restaurant Oasis von der deutschen Auswanderin Barbara, wo wir es uns trotz Regen bei leckeren deutschen Bratwürsten und Kartoffelsalat gutgehen lassen. Von ihr bekommen wir auch den Tip zum übernachten beim El Descanso, wo wir Regula und Jan mit ihrem VW Bus treffen und wo man von der Terasse aus unzählige Vögel beobachten kann. Sogar der ein oder andere Hobbyornithologe, der aussieht als würde er auf Großwildsafarie gehen, kommt vorbei.

 

Der nächste Morgen ist sonnig und so statten wir dem Schmetterlingshaus einen Besuch ab. Überall um uns herum flattern die kunterbunten Falter und manchmal landet auch einer auf uns. Und als es mittags wieder anfängt zu regnen (die Regenzeit will sich noch nicht so ganz verabschieden), sitzen wir bei Barbaras Nachbarin aus der Schweiz im Cafe und schlürfen, richtig, Kaffee zu leckeren Bananenmuffins. Irgendwann wechseln wir dann zur Pizzaria gegenüber, wo es die beste Pizza seit langem und ein kühles Bier gibt, oder auch zwei.

 

Und nach insgesamt drei Tagen finden wir, dass wir dem Vulkan Cotopaxi genug Zeit gegeben haben, sich von seinem Nebelschleier zu trenne und geben ihm noch eine zweite Chance.


Straße der Vulkane II

25.05. – 02.06.2013

Cotopaxi - Die Zweite, Winterwelt im Hagelsturm, Vicuñas in trostloser Weite und die Stadt der Süßigkeiten.

Wir wollen dem wohl bekanntesten Vulkan Ecuadors noch eine Chance geben. Also starten wir früh, fahren ein letztes Mal um Quito rum, überqueren ein letztes Mal den Äquator, packen unsere Vorratsschränke voll (man weiß ja nie, wie lange man warten muss) und fahren zum zweiten Mal zum Nationalpark Cotopaxi.

 

Als wir ankommen, erwartet uns das bekannte Bild: Der mächtige Vulkan versteckt sich hinter Wolken... Aber zumindest sind wir nicht in Nebel gehüllt. Wir sind mal wieder in die Höhe gefahren und Chipstüte und Kaffeepackung sind so aufgebläht, dass wir sie kaum noch aus dem Schrank raus bekommen, und von der Wasserflasche bis zum Duschgel gibt wieder alles ein herzhaftes „Pffffft“ von sich.

 

Am nächsten Morgen lassen wir uns aber auch von den Wolken nicht von unserem geplanten Ziel abhalten. Kurve um Kurve über nerviges Wellblech fahren wir bis zum Parkplatz auf 4.600 Metern. Unser Toyo kommt ganz schön ins Qualmen, schafft es aber mühelos. Und dann heißt es für uns schnaufen. Man könnte meinen, das Refugium ist zum Greifen nah. Aber das ist wohl eine optische Täuschung. Über einen steilen Hang aus Vulkanasche und Geröll, der einem bei jedem mühsam errungenen Schritt wieder einen halben zurück rutschen läßt, geht es Meter um Meter höher und immer höher. Die Luft ist dünn, nach nur wenigen Schritten bin ich total außer Atem und lasse mich erschöpft auf den Boden sinken. Wow, der Ausblick ins Tal ist echt fantastisch.

 

Aber nicht für lange. Auf halbem Weg werden wir wieder vom Nebel eingehüllt und es fängt auch noch an zu schneien. Jetzt, wo man das Ziel nicht mehr sieht, fällt der Weg noch schwerer und am liebsten wäre ich einfach auf dem Boden sitzen geblieben. Aber nach einer gefühlten Ewigkeit stehen wir doch vor der José-Ribas-Schutzhütte auf sage und schreibe 4.864 Metern! Nicht schlecht, oder?

 

Lukas will eigentlich noch bis zum Gletschereis. Nur wegen des Wetters wird er nach weiteren 100 Höhenmetern wieder zurück geschickt. Sehr ärgerlich! Wir warten noch, bis es wieder ein wenig aufklart, und machen uns wieder an den Abstieg. Im Gegensatz zum Aufstieg geht der auf jeden Fall verdammt schnell.

 

War letzte Nacht noch der ein oder andere Zelter im Park, schließlich war Wochenende, sind wir heute Abend wieder vollkommen alleine. Nur das vereinzelte Zwitschern eines Vogels unterbricht die absolute Stille, während wir uns mit einem Glühwein wärmen und anschließend wieder ins Bett fallen.

 

Vier Mal sind wir bereits am Fuße des Cotopaxi aufgewacht. Vier Mal haben wir den Wecker pünktlich zum Sonnenaufgang gestellt. Vier Mal haben wir schlaftrunken aus dem Fenster geschaut und festgestellt, dass wir in dichten Nebel gehüllt sind, und haben uns daraufhin wieder für zwei, drei Stunden unter die Bettdecke verkrochen. Heute haben wir keinen Wecker gestellt. Haben wir doch irgendwie schon aufgegeben, den Vulkan noch in seiner vollen Pracht zu sehen. Leicht genervt sind wir deshalb, als wir pünktlich um 6:00 Uhr von einem Vogel, der auf unserem Dach herumturnt, geweckt werden. Aber wenn wir schon mal wach sind, können wir ja auch mal einen Blick durchs Fenster wagen und... Wow!!!! Noch im Schlafanzug springe ich nach draußen und schieße die ersten Fotos. Ich nehme gar nicht wahr, dass das Thermometer im Schatten gerade mal frostige zwei Grad anzeigt. Wir können es kaum glauben! Vor uns ragt der 5.897 Meter hohe, perfekt geformte Kegel des Cotopaxi auf. So wunderschön leuchtet der schneebedeckte Gipfel vor dem strahlendblauen Himmel in der aufgehenden Sonne!

 

Wir genießen die wärmenden Sonnestrahlen, die langsam über den Hügel kommen, und unser Frühstück mit einem wirklich atemberaubenden Ausblick! Und dann, dann ziehen wieder die ersten Wolken auf und als wir alles zusammengepackt haben, ist vom Cotopaxi nichts mehr zu sehen. Aber das ist uns jetzt egal.

 

Wir fahren zurück zur Panamericana und weiter Richtung Süden. Unser Ziel ist die Laguna Quilotoa. Als wir auf die Zufahrtsstraße zum Kratersee abbiegen, zieht ein Gewitter auf. Die schweren Regentropfen werden zu Hagel, der immer lauter auf unseren Toyo runterprasselt. Innerhalb von Sekunden verwandelt sich die Landschaft in eine weiße Winterwelt, die eh schon abenteuerlichen Dorfstraßen werden zu reißende Bächen und die Landstraßen werden spiegelglatt, so dass die uns entgegenkommenden Pick-Ups gefährlich ins Schlingern geraten. (Vielleicht würde es auch helfen, wenn die hier ihre Reifen nicht bis zum letzten runter fahren würden...).

 

Definitiv kein Wetter, um sich eine Lagune anzuschauen. Da wir einige Kilometer vorher eine Unterkunft mit Campinplatz-Symbol gesehen haben, beschließen wir kurzernhand, wieder zurück zu fahren, und verbringen den Rest des Tages bei wechselhaftem Wetter auf einem ehemaligen Bauernhof am Kaminofen.

 

In einer Regenpause will ich noch schnell ein paar Fotos von dem Tal schießen. Da rennt mir prompt der kleine Jonathan ins Bild. Er ist total begeistert davon, sich auf dem Kameradisplay zu sehen und im Nu wollen seine Freunde auch aufs Bild. Nur um anschließen lachend und kichernd die Bilder zu bewundern. Irgendwann wird ihnen das aber dann doch zu langweilig und ich muss für eine Partie Fußball herhalten, was riesen Spaß macht. Bis der Ball im Dunkeln nicht mehr zu sehen ist und ich fix und alle bin.

 

Die Straße zurück führt uns durch eine Landschaft mit sanft geschwungenen Hügeln, einem bunten Flickenteppich aus Feldern, hart arbeitenden Indigenas - und das alles auf unglaublichen 3.700 Metern. Als wir uns dem Tal zwischen den Gebirgszügen Cordillera Occidental und Cordillera Central nähern, in dem die Panamericana verläuft, bietet sich uns ein Blick wie aus dem Flugzeug. Wir haben das Gefühl, auf dem Dach der Welt zu fahren. Vor uns erstreckt sich ein Meer aus weißen, fluffigen Wolken, in deren Mitte majestätisch der Gipfel vom Vulkan Cotopaxi aufragt.

 

Und dann nähern wir uns dem höchsten Vulkan Ecuadors, dem 6.310 Meter hohen Chimborazo. Ganz gemächlich steigt die Straße immer weiter an. Die Landschaft wird immer karger und wir entdecken unsere ersten Vicuñas, die wildlebenden Vorfahren des Alpaka. Und ab und zu läßt sich der schneebedeckte Gipfel zwischen den Wolken sehen. Hier können wir sogar bis auf 4.845 Meter mit unserem Toyo fahren. Aber was soll ich sagen, mal wieder hüllt uns der Nebel ein. Und so verzichten wir auf die Wanderung zum Refugium und wenden uns statt dessen wärmeren Gebieten zu.

 

3.000 Meter rollen wir immer bergab, bis wir den Ort Baños de Agua Santa erreichen, das Tor nach Amazonien. Der Ort liegt am Fuße des aktiven Vulkans Tungurahua. Aber leider, oder zum Glück, ist er seit zwei Wochen wieder sehr verschlafen.

 

Der Ort Baños ist extrem relaxed. Neben seinen heißen Quellen ist der Ort auch bekannt für seine Süßigkeiten. An jeder Ecke werden neben Zuckerrohrsaft und Zuckerrohrstücken auch ockerfarbene, klebrige, extrem leckere Riegel aus dem Zucker vom Zuckerrohr angeboten. An langen elastischen Riemen wird die Masse an den Ladeneingängen über einen Ast geschlagen, um die richtige Konsistenz zu erhalten. Auch verdammt gut, aber deutlich kalorienärmer, ist die Massage in der Casa Verde. Nur zu empfehlen!

 

Nach drei Tagen schaffen wir es, uns loszureißen. Wirklich weit kommen wir aber nicht. Genau genommen sieben Kilometer und 800 Höhenmeter zum Aussichtspunkt Ojos del Vulcan. Vom Vulkan Tungurahua ist wie erwartet erstmal nicht viel zu sehen. Aber trotzdem gefällt uns die Aussicht und die Ruhe hier oben so gut und Rogelio, der Besitzer von der zugehörigen Campingwiese, hat so ein einnehmendes Wesen, dass wir kurzerhand unsere Stühle auspacken, unsere Bücher schnappen und uns den Rest des Tages in die Sonne setzen. Wir beobachten die Wolken, die mit einem Affentempo durchs Tal jagen oder ganz gemächlich über die Berge hinwegziehen. Und zwischendurch zeigt sich auch der Vulkan. Aber da er momentan nicht raucht, sorgen halt wir am Abend für ein bisschen Qualm und schmeißen den Grill an.

 

Zum Frühstück bringt uns Rogelios Frau noch ein leckeres, heißes Getränk aus Milch, Hafer und Zuckerrohr und ein paar Pfannkuchen vorbei. Echt super lieb! Und dann verlassen wir fürs erste die Sierra und rollen weiter hinab ins Amazonasbecken.


Oriente und südliches Ecuador

02. – 10.06.2013

Schwüle Hitze, zankende Affen, Baumaschinen im Regenwald, neue Schluppen für unseren Toyo, Panamáhüte ohne Panamá und versteinerte Bäume.

Immer weiter geht es hinab in die schwüle Hitze des Oriente, „des Ostens“, wie hier das Amazonastiefland genannt wird, bis nach Puerto Misahuallí. Die Vegetation wird immer üppiger. Die Luft riecht so gut und so würzig und überall zwitschert und zirpt und kräucht und fleucht es. Echt super! Nur die 24-Stunden-Ameise gibt mir doch ein wenig zu denken. Zwei Stück habe ich bisher gesehen. Bis zu 25 Milimeter groß ist diese fiese Ameise. Ihr Stich soll der schmerzhafteste Isektenstich überhaupt sein. Nicht wirklich gefährlich, aber 24 Stunden, an denen man das Gefühl hat bei lebendigem Leibe zu verbrennen. Muss nicht sein! Aber zum Glück gilt sie als nicht aggressiv. Also hoffen wir, dass wir ihr weit genug aus dem Weg gehen...

 

Puerto Misahuallí ist ein kleiner, beschaulicher, etwas schäbiger Ort. Da heute Sonntag ist, ist Gott und die Welt auf den Beinen. Überall werden Kochbananen und Hühnchenspieße, frische Säfte und Eis angeboten. Der kleine Sandstrand am Río Napo ist brechend voll und es laufen mehr Affen als streunende Hunde umher. Und vor den Kapuzineraffen muss man sich echt in Acht nehmen. Wenn man nicht aufpaßt, klauen sie einem Essen und Wasserflaschen, Zigaretten und Sonnenbrillen. Und ihre gefletschten Zähne sehen echt gefährlich aus. Aber sie bieten einem auch ein spannendes Unterhaltungsprogramm. Von Lausen über Zanken bis Liebe und Sex wird alles geboten.

 

Wir lieben ja eigentlich das Regenwaldklima, aber leider fordert es auch seinen Tribut. Hatten wir nicht in Baños dieses super leckere Vollkornbrot gefunden? Richtiges Brot, das eine echte Mangelware ist auf Reisen! Und als wir es nach nur einer Nacht im Regenwald zum Frühstücken auspacken, ist es mit einem feinen, weiß-grünen Flaum überzogen... Na super! Lukas flitzt schnell in den Ort und so gibt es zu Speck und Spiegelei wieder mal unseren treuen Begleiter seit Beginn der Reise: das pappige Weißbrot! Diesmal sogar mit Calciumzusatz.

 

Frisch gestärkt schlendern wir durch den kleinen Ort und suchen nach einem Touranbieter, der uns einen Tag weiter hinein in den Regenwald bringt. Wir entscheiden uns schließlich für eine Kanutour mit Ñucanchi Pakcha. Und das, obwohl die schweizer Besitzerin und ihre zwei deutschen Praktikantinnen schon sehr verpeilt sind und uns noch nicht mal genau sagen können wohin die Fahrt geht. Aber sie haben es trotz katastrophaler Organisation geschafft, mehrere Teilnehmer zusammen zu bekommen, was die Tour für uns natürlich deutlich günstiger macht.

 

Der Amazonasregenwald in Ecuador gilt als der am einfachsten zu erreichende in Südamerika. Gut, das stimmt auch. Die Straßen sind top, neu asphaltiert und so kann man bequem mit dem Auto an den Rand des Regenwaldes fahren. Aber das hat auch seinen Preis. In unserer Vorstellung steht der Amazonas für unberührten Dschungel, wilde Tiere und halbnackte Eingeborene. Aber davon ist hier nicht mehr viel vorhanden. Das realisieren wir erst so richtig bei unserem Ausflug am nächsten Tag.

 

Wir starten, nachdem nicht etwa der ecuadorianische Guide, sondern die deutschen Praktikantinnen zu spät gekommen sind, mit fünf Gästen, zwei Praktikantinnen, einem Guide und einem Bootsführer den Río Napo hinunter.

 

Unser erster Stop ist eine kleine Wanderung durch den noch vorhandenen Primärwald, wo wir die ein oder andere Heilpflanze gezeigt bekommen. Da gibt es was gegen Mücken und Magenschmerzen, Fieber und Liebeskummer. Es gibt fast nichts, was es in der Regenwaldapotheke nicht gibt. Leider wird aber die Musik des Regenwaldes vom Lärm entfernter Baumaschinen und Motorflugzeuge übertönt.

 

In einer der indigenen Gemeinden am Fluß führt uns dann ein junger Quechua Indianer in Jeans und T-Shirt durch ein kleines Museum und erzählt uns amüsiert von den Jagd- und Kommunikationstechniken seiner Vorfahren. Natürlich nutzt seine Generation statt Muscheln und Trommeln die modernsten Handys. Im nächsten Dorf hätten wir uns mit einer prächtigen Boa fotografieren lassen können. Vollkommen ungefährlich! Ist ja auch kein Wunder, wenn dem armen Tier das Maul mit Isolierband zugeklebt wird und es sich anfühlte, als hätte es vorher lange Zeit im Kühlschrank verbracht. Wir verzichten dankend!

 

Am besten gefällt uns die Tierauffang- und Auswilderungsstation amaZOOnico. Hier werden die armen Geschöpfe, die von den Behörden beschlagnahmt wurden, hingebracht. Meistens wurden sie illegal als Haustier gehalten oder es wurde versucht sie außer Landes zu schmuggeln. In mühsamer Arbeit werden hier Affen, Papageien und Ozelots wieder auf ihr Leben in der Wildnis vorbereitet. Nur wenn den hübschen Papageien die Flügel gestutzt wurden oder die Katzen nie das Jagen erlernt haben, bekommen sie hier eine artgerechte Unterkunft bis ans Lebensende.

 

Nach drei Nächten in Puerto Misahuallí machen wir uns auf den Weg nach Macas. Unser Reiseführer schreibt von einer „Regenwaldpiste in erbärmlichem Zustand, auf der Selbstfahrer nur mit einem Jeep und Mitfahrer nur mit Schlaglochresistenz durchkommen“. Nein, lieber Reiseführer, das stimmt nicht mehr. Stattdessen erwartet uns nagelneuer Asphalt.

 

Im Internet hatten wir eine Rancho gefunden, die neben Cabañas auch Camping anbietet. Dann sollte es doch auch kein Problem sein, dort mit unserem Toyo zu übernachten. Aber denkste! Die Mitarbeiterin im kleinen Restaurant am Eingang ist mit unserer Anfrage heillos überfordert. Also ruft sie auf unser Verlangen hin ihren Chef an. Kein Problem, sagt er, er kommt gleich so in einer Viertelstunde vorbei und zeigt uns wo wir stehen können. Aus einer Viertelstunde werden zwei Stunden, bevor der Chef wieder anruft, dass er es nicht schafft und wir deshalb auch nicht hier campen können. Na super!

 

Also fahren wir noch ein Stückchen weiter und sehen einen Ecopark, auf dessen Schild groß „Camping“ steht. Aber auch hier gucken uns die Mitarbeiter mit großen Fragezeichen an, als wir fragen ob wir hier campen können. Sie hätten Zimmer, die sie vermieten. Nein, wir wollen doch campen, in unserem Wohnmobil schlafen. Noch mehr Fragezeichen. Aber irgendwann haben wir sie dann doch überzeugt und verbringen eine ruhige Nacht in einer schönen Anlage mit Pool inmitten eines tropischen Gartens.

 

Auch die Straße von Macas nach Guamote zurück in die Sierra ist brandneu asphaltiert. Nur noch 30 Kilometer von den über 120 sind noch unbefestigt. Aber bei den Bautrupps, die hier arbeiten, dauert es nicht mehr lange, bis auch die fertig sind. Und so sind wir plötzlich schneller als gedacht in Cuenca.

 

Unser Stellplatz hier in Cuenca ist eine interessante Mischung aus Bauernhof, Schrottplatz und Garten. Überall laufen zwischen alten Autos Hühner und Hunde rum und der nette Besitzer versorgt uns mit Salat und Gemüse aus seinem Biogarten.

 

Bevor wir uns die Stadt angucken, stehen am nächsten Tag aber erstmal wieder Besorgungen an. Nach gut 60.000 Kilometer über zum Teil wirklich üble Straßen, wird es Zeit unserem Toyo neue Reifen zu gönnen. Dank vorheriger Internetrecherche finden wir sofort den Laden, der uns wieder die alt bewärten BF Goodrich All-Terrain verkauft. Und unsere alten können wir auch noch zu einem guten Preis los werden.

 

Außerdem kämpfen wir schon seit längerem mit unserem Petroleumkocher. Machmal habe ich das Gefühl, dass Lukas mehr Zeit mit Wartungs- und Reinigungsarbeiten verbringt, als ich mit kochen. Und natürlich funktioniert er immer dann, wenn man ihn am wichtigsten braucht, nicht richtig. Ich weiss nicht, wieviele Nerven er uns schon geraubt hat. Zu allem Überfluß können wir in Ecuador kein Petroleum auftreiben. Bei 2,50 US-Dollar für eine 30-Kilo-Gasflasche sind die Zeiten in denen hier mit Petroleum gekocht wurde längst vorbei. In einem Campingladen finden wir schließlich einen Alkoholkocher. Hier etwas wirklich Vernünftiges zu finden, haben wir schon aufgegeben. Aber zumindest sollte man Alkohol überall bekommen, oder?

 

Am nächsten Tag gibt es dann Sightseeing. Wir schlendern durch die wirklich schöne Innenstadt von Cuenca und besuchen als erstes das Museo del Sombrero, wo man alles erfährt, was es über die Herrstellung vom berühmten Panamáhut zu wissen gibt. Der kommt nämlich nicht, wie der Name vermuten läßt, aus Panamá, sondern aus, richtig, Ecuador. Aber da der Hut sich unter anderem bei den Arbeitern am Panamá-Kanal großer Beliebtheit erfreute und hier von einem Franzosen als Modeaccessoires entdeckt wurde, bekam er fälschlicherweise seinen Namen. Weiter geht es ins Museo de las Culturas Aborígines, in dem unzählige Keramiken, Kulturgegenstände und Werkzeuge aus der Prä-Inka-Zeit ausgestellt werden. Am Ende gönnen wir uns noch einen leckeren Kaffee an der Plaza, wo wir Reisebekannte von der Stahlratte wiedertreffen.

 

Und dann heißt es langsam „Adios Ecuador“. Wir fahren von Cuenca in Richtung Küste und weiter zum Bousque Petrificado in der Nähe der Grenze zu Perú. Auf dem Weg wollen wir noch unsere Tanks füllen. Schließlich wird der Diesel nie wieder so günstig für uns wie jetzt. Aber das ist leichter gesagt als getan. Wir wissen ja, dass der Kraftstoff in Grenznähe rationiert wird. Aber ab wann ist Grenznähe? Nachdem sich die Tankstellen auf einmal ganz schön rar machen, landen wir schließlich in Pasaje, 75 Kilometer von der Grenze entfernt. Und zum ersten Mal auf unserer Reise passiert es uns, dass der Tankwart sagt: „No hay diesel!“. Wie, es gibt keinen Diesel. Auch die zweite Tankstelle, die wir anfahren, hat keinen. Dazu kommt, dass Pasaje wohl die schrecklichste Stadt in Ecuador ist, die wir kennen. Von der Verkehrsführung und den unübersichtlichen Einbahnstraßen mal ganz abgesehen. Die dritte hat dann schließlich Diesel, aber nur für 12 Dollar pro Fahrzeug. Mehr durch Zufall landen wir dann auf einer Straße mit zwei weiteren Tankstellen, an denen beiden wir auch noch tanken können.

 

Relativ spät erreichen wir den Bosque Petrificado in Puyango und obwohl sie eigentlich gleich schließen, können wir trotzdem noch eine Führung durch einen der größten versteinerten Wälder der Welt machen.

Hier gibt es sogar einen kleinen, schönen Campingplatz direkt am Fluß. Allerdings scheint seit dem Besuch von Petra und Klaus vor fast einem Jahr, von denen wir die Koordinaten haben, keiner mehr hier gewesen zu sein und so ist in den Waschräumen kein Wasser angeschlossen.

 

Vollgetankt und mit vielen schönen Erinnerungen verlassen wir schließlich nach über sechs Wochen Ecuador.